„Passt ins Bild“, „Nicht sehr klug“: Matthäus kritisiert DFB-Spitze scharf
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Lothar Matthäus sieht viele Vorgänge beim DFB kritisch.
© Quelle: IMAGO/Pressefoto Baumann
Nach dem vermeintlichen Alleingang der Verbandsspitze bei der Verpflichtung des neuen Sport-Geschäftsführers Andreas Rettig und den daraus resultierenden Konsequenzen von Karl-Heinz Rummenigge und Oliver Mintzlaff hat Lothar Matthäus den DFB scharf kritisiert. Das Duo hatte zuvor seinen Rückzug aus der nach der verkorksten WM in Katar gegründeten Taskforce verkündet – offenbar, weil das Gremium über das Engagement Rettigs nicht vorab informiert wurde.
„Das passt ins Bild“, meinte Matthäus am Sonntagabend in der Sendung „Sky90″ über die Vorgehensweise des DFB und betonte, dass seiner Ansicht nach beim Verband schon seit „sechs, sieben Jahren sehr viel unrund“ laufe. Zuletzt habe es unter dem 2015 zurückgetretenen Präsidenten Wolfgang Niersbach „funktioniert“, meinte der Sky-Experte: „Da waren die Kontakte noch gut, da hat man noch Gespräche miteinander geführt. Danach ist es ein bisschen aus dem Ruder gelaufen.“ Den Rückzug Rummenigges und Mintzlaffs könne er folglich „nachvollziehen“.
„Wenn es kein Miteinander gibt, wird der DFB auch keine Erfolge haben. Es ist nicht immer nur die Mannschaft schuld“, erklärte Matthäus, der zudem Zweifel daran äußerte, ob die Rettig-Verpflichtung von der gesamten Verbandsführung mitgetragen wurde. Besonders Vizepräsident Hans-Joachim Watzke, der zugleich als Geschäftsführer von Borussia Dortmund tätig ist, könnte sich nach Einschätzung von Matthäus einen anderen Kandidaten gewünscht haben: „Ich glaube nicht, dass Herr Watzke mit seiner Art, wie er über den Fußball denkt, damit zufrieden ist.“
Auch ihn selbst habe Rettigs Engagement „überrascht“, sagte Matthäus und bezeichnete es als „ganz sicher nicht sehr klug“, dass man die Taskforce offenbar nicht vorab über die Personalie in Kenntnis gesetzt habe. Das Gremium war gegründet worden, um mit Blick auf die Heim-Europameisterschaft im kommenden Jahr dringend notwendige Veränderungen beim DFB und rund um die Nationalmannschaft anzustoßen. Allerdings blieb der Expertenrat weitgehend wirkungslos. So ist die Taskforce nicht in die Suche des Nachfolgers von Bundestrainer Hansi Flick eingebunden. Damit beschäftigen sich derzeit DFB-Präsident Bernd Neuendorf, Watzke und DFB-Sportdirektor Rudi Völler.
Wenn es kein Miteinander gibt, wird der DFB auch keine Erfolge haben.
Lothar Matthäus
Auch die Installation Rettigs lief offenbar an dem Gremium vorbei. So erklärte Rummenigge, dass man von der „durchaus sensiblen Personalie und diskussionswürdigen Entscheidung durch die Medien erfahren habe“. Der „öffentlichkeitswirksame Expertenrat“ sei nie mit den entsprechenden Entscheidungskompetenzen ausgestattet worden, um effektiv, wirksam und zielstrebig arbeiten zu können, beklagte der 67-Jährige weiter. Auf dieser Basis sei eine vertrauensvolle Zusammenarbeit nicht möglich.
Neben Rummenigge und Mintzlaff zählten auch weitere Fußballgrößen wie Ex-Bayern-Boss Oliver Kahn, Rudi Völler und Matthias Sammer zu dem Expertenrat unter der Leitung von Watzke und Neuendorf. Ex-Nationalspieler Sammer hatte zuletzt ebenfalls seine Unzufriedenheit mit der Arbeit in dem Gremium deutlich zum Ausdruck gebracht. „Der Arbeitsnachweis nach einem Dreivierteljahr ist die Installierung von Rudi Völler und Hannes Wolf. Das ist in meinen Augen ein bisschen wenig“, sagte der einstige DFB-Sportdirektor kürzlich im Interview der „Süddeutschen Zeitung“: „Was bisher beschlossen wurde, ist zu wenig. Es fehlt an Inhalt und Struktur, und es fehlt vor allem ein Anführer.“
Als Konsequenzen aus dem Vorrunden-Aus bei der WM in Katar und der Trennung von Direktor Oliver Bierhoff war Ex-Teamchef Völler übergangsweise zum Sportdirektor der A-Nationalmannschaft der Männer ernannt und U20-Trainer Wolf zum Sportdirektor Nachwuchs, Training und Entwicklung befördert worden. Der 63 Jahre alte Völler sprang im Test gegen Frankreich (2:1) sogar als Nothelfer auf der Trainerbank der Nationalmannschaft ein.
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Mintzlaff äußerte sich bei der Verkündung seines Rückzugs nicht konkret zur Causa Rettig. Er werde aber die Taskforce verlassen, „da ich einer weiteren Zusammenarbeit kritisch gegenüberstehe. Ich bin fest davon überzeugt, dass Rudi Völler zeitnah den richtigen Trainer für die deutsche Nationalmannschaft finden wird“. Als heißer Kandidat gilt der frühere Bayern-Coach Julian Nagelsmann, der im März beim Rekordmeister freigestellt wurde und dort noch einen Vertrag bis zum Sommer 2026 hat.
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