Bayern-Legende Claudio Pizarro: Welchen "großen Nachteil" das Peru-Team aktuell hat
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Claudio Pizarro spricht über die peruanische Nationalmannschaft.
© Quelle: IMAGO/Ulrich Wagner
Claudio Pizarro wirft einen flüchtigen Blick aus einem der Büros an der Säbener Straße runter auf die Trainingsplätze, sieht einen Juniorenspieler am Kopfball-Pendel und ruft lachend: "Da muss ich immer an Hermann Gerland denken!" Der langjährige Assistenz- und Jugendtrainer der Münchner begleitete auch Pizarros Karriere, der sein Bundesliga-Debüt am 28. August 1999 für Werder Bremen gab. Bis zu seinem Karriere-Ende brachte es der heute 44-Jährige auf 490 Bundesligaspiele - kein anderer ausländischer Spieler hat mehr - und erzielte 197 Tore. Im Trikot des FC Bayern München wurde Pizarro sechsmal Meister, fünfmal Pokalsieger, triumphierte in der Champions League und bei der Klub-WM. Mit 40 Jahren und 227 Tagen steht er als ältester Torschütze der Bundesliga in den Geschichtsbüchern.
Verpasste WM 2018 der "traurigste und schwierigste Moment"
Pizarro hat es geschafft, bei Bayern und bei Werder als Klub-Legende zu gelten. Doch zwei verpasste Chancen schmerzen den Peruaner bis zum heutigen Tage. Erstens, dass dem Bundesliga-Legionär, der rund zwei Jahrzehnte hierzulande aktiv war, nie ein Länderspiel seiner Heimat Peru gegen seine Wahlheimat Deutschland vergönnt war. "Ich hatte leider nicht das Glück. Beim Freundschaftsspiel 2018 war ich schon nicht mehr im Kreis der Nationalmannschaft", sagt Pizarro. Doch so richtig schmerzt ihn im Rückblick auf seine Karriere eine Sache: die verpasste WM 2018.
Dass ihn der damalige Nationaltrainer Ricardo Gareca nicht mit nach Russland nahm, war "der traurigste und schwierigste Moment meiner Laufbahn", erinnert sich Pizarro und erklärt: "Nach 36 Jahren war es für mein Land etwas Besonderes, wieder bei einer WM dabei zu sein. Wir Peruaner hatten alle so lange auf diesen Moment gewartet und darauf hingearbeitet – auch ich natürlich. Eine WM war mein Traum seitdem ich ein kleiner Junge war." Peru hatte sich in den WM-Playoffs gegen Ozeanien-Vertreter Neuseeland durchgesetzt. Bei der Endrunde in Russland, der erst fünften Teilnahme des Anden-Staates überhaupt, schied man in der Vorrunde aus.
Pizarro drückte die Daumen bei jedem Spiel - als Fan mit heißem und traurigem Herzen zugleich. 85 Länderspiele (20 Tore) betritt er für sein Land seit seinem Debüt 1999. Sein letztes Länderspiel bestritt er am 30. März 2016 beim 0:1 in Uruguay.
Länderspiel gegen Deutschland "großartige Gelegenheit" für Peru
Seit September 2020 arbeitet der ehemalige Bayern-Profi als Markenbotschafter beim Rekordmeister. Seine Termine häufen sich in den Wochen vor dem Freundschafts-Länderspiel seines Heimatlandes diesen Samstag in Mainz gegen Deutschland. "Das ist eine großartige Gelegenheit für unser Land, eine ganz tolle Chance, sich zu präsentieren", sagt Pizarro, der Perus Trainer Juan Reynoso sehr gut kennt. "Wir haben lange in der Nationalelf zusammengespielt. Als ich im Februar 1999 mein Debüt für La Blanquirroja gegeben habe, war Juan unser Kapitän. Ich war noch sehr jung damals, er hat mir viel geholfen und mich im Kreis der Nationalelf wunderbar eingeführt. Man konnte schon damals sehen, dass er ein richtiger Leader ist."
Mit Blick auf das große Ziel Qualifikation für die WM 2026 in Nordamerika gestaltet Reynoso (53) aktuell einen Neuaufbau nach dem Aus für die WM in Katar im interkontinentalen Playoff gegen Australien. Mit dabei: Der aus Bundesliga-Zeiten bekannte Oldie Carlos Zambrano (33/einst Schalke, St. Pauli, Frankfurt – heute Alianza Lima). "Er soll ein neues Team aus einer anderen Generation formen. Das Problem dabei: Wir haben nicht so viele Spieler, die im Ausland aktiv sind – oder besser gesagt: nicht in Europa. Das ist ein großer Nachteil." Und wo sind die Talente Perus, die neuen Pizarros, Farfans, Zambranos? "Ich empfehle jüngeren Spielern immer: Du musst Peru und die heimische Liga - wenn möglich - verlassen. Das Niveau der Liga ist vielleicht vergleichbar mit der Dritten Liga in Deutschland. Das Tempo ist viel niedriger, es wird nicht so schnell und direkt gespielt, was auch an den trockenen, langsamen Plätzen in Peru liegt."
Pizarro traut DFB-Team Besserung zu
Und die Aussichten des DFB-Teams beim Neustart Richtung Heim-EM 2024? Pizarro: "Viele meiner Freunde haben Deutschland vor der WM in Katar als Weltmeister getippt. Nun kommt die Mannschaft in eine neue Phase, es steht ein Generationswechsel an. In Peru sagen wir immer: Deutschland ist immer Deutschland – das wird auch bald wieder so sein. Bei der EM 2024 zu Hause werden sie ein ganz anderes, besseres Gesicht zeigen."
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