Rettig: Ich war „nicht unbedingt der Wunschkandidat des FC Bayern“
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Andreas Rettig (r), neuer Geschäftsführer Sport, kommt mit Bernd Neuendorf, DFB-Präsident, zu einer einer Pressekonferenz des DFB.
© Quelle: Thomas Frey/dpa
An seinem ersten Arbeitstag in der DFB-Zentrale in Frankfurt hat sich Andreas Rettig auf dem Weg zum Frühstück erst einmal verlaufen. Als schlechtes Omen für sein künftiges Wirken wollte der neue Geschäftsführer Sport des Deutschen Fußball-Bundes dies aber nicht werten. „Ich hoffe, dass ich schnell die Orientierung bekomme», sagte der 60-Jährige am Montag bei seiner offiziellen Vorstellung.
Das gilt nicht nur für die Laufwege im riesigen DFB-Campus, sondern noch viel mehr für die vielfältigen Aufgaben, die Rettig und der Verband zu lösen haben. „Der Zustand ist wirtschaftlich herausfordernd und sportlich schwierig, aber mit Lichtblicken“, sagte Rettig über seinen neuen Arbeitgeber, bei dem er am vergangenen Freitag einen Vertrag bis zum 31. Dezember 2026 unterschrieben hat.
Die überraschende Verpflichtung des einstigen Bundesliga-Managers, der sich in der Vergangenheit als kritischer Mahner oft mit dem Establishment des deutschen Fußballs angelegt hat, war nicht überall wohlwollend aufgenommen worden. Begleitet von Kritik an der einstimmigen Entscheidung hatten Bayern Münchens Aufsichtsratsmitglied Karl-Heinz Rummenigge und RB Leipzigs Aufsichtsratsvorsitzender Oliver Mintzlaff am Sonntag ihren Rücktritt aus der Task Force des DFB bekannt gegeben.
Rettig und der FC Bayern: „Ich kenne das belastete Verhältnis“
„Ich habe zur Kenntnis genommen, dass ich nicht unbedingt der Wunschkandidat des FC Bayern war“, sagte Rettig dazu. „Ich kenne das belastete Verhältnis. Wir werden den FC Bayern brauchen, es ist der bedeutendste Klub. Es nutzt nichts, wenn wir uns hier auseinanderdividieren.“ Er strebe mit den Münchner Verantwortlichen einen offenen Austausch an, der nicht an „persönlichen Animositäten“ scheitern sollte. Ein erster Versuch, mit den Bayern-Granden Rummenigge und Uli Hoeneß ins Gespräch zu kommen, scheiterte jedoch. Er habe „Herrn Hoeneß auf die Mailbox gesprochen und Karl-Heinz Rummenigge eine SMS geschrieben, aber keine Resonanz erfahren“, berichtete Rettig und appellierte: „Es geht darum, dass sich alle, die es mit dem deutschen Fußball gut meinen, unterhaken.“
Rückendeckung gab es immerhin von DFL-Boss Hans-Joachim Watzke, mit dem Rettig in der Vergangenheit ebenfalls so manchen Streit ausgefochten hatte, sowie dem Sportdirektoren Rudi Völler, auf dessen Strahlkraft Rettig beim sportlichen Neuanfang setzt. „Das hat in kleinen, zarten Schritten ja schon begonnen“, sagte er. Zugleich stellte Rettig bei seinem Amtsantritt klar, dass er sich in die derzeit laufende Suche nach einem Bundestrainer nicht aktiv einschalten werde: „In diesem Prozess ist Rudi Völler im Lead.“
Erst wenn es um Gehaltsfragen und eine Vertragslaufzeit für den Nachfolger von Hansi Flick gehe, werde die Geschäftsführung in den Prozess eingebunden sein. „Hier geht es in der letzten Konsequenz um die Bewertung der Fachkompetenz“, sagte Rettig. „Da ist er mir überlegen.“ Über Kandidaten für das laut Rettig „wichtigste Amt im deutschen Fußball“ war in den vergangenen Tagen spekuliert worden, als Kandidaten gelten die früheren Bayern-Trainer Julian Nagelsmann und Louis van Gaal sowie Ex-U21-Trainer Stefan Kuntz, dessen Engagement in der Türkei Medienberichten zufolge endet.
Rettig: „Nicht nur die Portemonnaies erreichen, sondern die Herzen“
DFB-Boss Neuendorf bestätigte, dass der Verband die wichtigsten Leitplanken wie die Finanzierbarkeit für sich festgelegt habe und nun konkrete Gespräche führen werde. Ob mit nur einem oder mehreren Kandidaten, wollte der 63-Jährige nicht verraten. „Wir sind einen deutlichen Schritt weiter im Vergleich zu nach dem Spiel gegen Frankreich“, sagte Neuendorf.
Ziel sei es, dass der neue Bundestrainer bei der Abreise der Nationalmannschaft in die USA am 9. Oktober an Bord sei. Dort spielt die DFB-Auswahl am 14. Oktober gegen die USA und drei Tage später gegen Mexiko. Unabhängig davon, wer den Posten bekleiden und die Nationalmannschaft zur Heim-EM 2024 führen wird, gab Rettig bereits das Zukunftsmotto für den DFB aus: „Wir müssen sehen, dass wir nicht nur die Portemonnaies erreichen, sondern auch die Herzen.“
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