Nationalmannschaft

Vom Aushängeschild zum Millionengrab? Wie die Baustelle DFB-Campus den Verband beschäftigt

180 Millionen Euro hat sich der DFB sein neues Headquarter mit Fußballhalle, Fußballplätzen und Seminarräumen kosten lassen.

180 Millionen Euro hat sich der DFB sein neues Headquarter mit Fußballhalle, Fußballplätzen und Seminarräumen kosten lassen.

In den kommenden Tagen wird das Leuchtturmprojekt des deutschen Fußballs mal wieder präsent sein. Ab diesem Donnerstag bereitet sich die Nationalmannschaft auf dem DFB-Campus in Frankfurt auf den Länderspiel-Dreierpack gegen die Ukra­i­ne (12. Juni, 18 Uhr, in Bremen, ZDF), in Warschau gegen Polen (16. Juni, 20.45 Uhr, ARD) und vier Tage später in Gelsenkirchen gegen Kolumbien (20.45 Uhr, RTL) vor. Die erste Einheit auf dem Gelände der ehemaligen Trabrennbahn ist öffentlich, 600 Fans bekamen die Tickets zugelost – so weit, so nett.

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Doch hinter verschlossenen Türen gibt es seit Wochen und Monaten kontroverse Diskussionen um das selbst ernannte "Herz des deutschen Fußballs" und dessen Sinnhaftigkeit. Auch in dieser Länderspielphase wird auf den topgepflegten Plätzen des Campus zwar trainiert, übernachten muss die DFB-Elf allerdings woanders, weil die Zimmerkapazität nicht für den gesamten Kader ausreicht.

DFB: Ideen-Workshops zur Generierung von finanziellen Mitteln

Dies ist nur einer der Planungsfehler, die im Vorfeld der Errichtung des 150-Millionen-Euro-Baus gemacht wurden. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass weitere Zimmer weitere Kosten verursacht hätten und man diese nicht noch mehr in die Höhe treiben wollte. Dummerweise kam nun heraus, dass die Akademie trotzdem mit mindestens 30 Millionen Euro mehr in den Büchern auftauchen wird als geplant – nämlich mit 180 Millionen. Das gab der neue Schatzmeister Stephan Grundwald in einer Reportage des ZDF zu.

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Außerdem verschlingt der Campus 18,5 Millionen Euro an laufenden Betriebskosten jährlich – eine Summe, die kaum wieder reinzuholen ist. Zumal sich der Verband nach wie vor schwertut, sein Zen­trum zu monetarisieren. Nach Informationen des SPORTBUZZER, dem Sportportal des RedaktionsNetzwerks Deutschland (RND), gab es schon verschiedene Workshops und Ar­beits­krei­se, in denen Ideen gesammelt werden sollten, wie (beispielsweise mithilfe von Vermietung und Vermarktung der Räumlichkeiten sowie durch Veranstaltungen) Geld in die DFB-Kassen gespült werden kann.

Es ist zu hören, dass die Kantine schlecht sein soll und sich viele Mitarbeiter Essen von außen bestellen, in den vielen ungenutzten Umkleidekabinen soll es aus den Abflüssen stinken. Die XXL-Trainingshalle hat im Winter keine Heizung und im Sommer keine Klimaanlage, sie ist ebenfalls kaum ausgelastet.

DFB-Präsident Bernd Neuendorf: "Aufgrund des Misserfolgs übersteigen die Ausgaben regelmäßig die Einnahmen"

Und doch gibt es noch größere Baustellen: Die Staatsanwaltschaft ermittelt noch immer wegen verschiedener Anschuldigungen, die Gemeinnützigkeit wurde dem Verband bereits rückwirkend für die Jahre 2014 und 2015 aberkannt, was den DFB zusätzlich rund 30 Millionen Euro kostet.

Und auch die drei Turniere, die die Nationalmannschaft hintereinander in den Sand setzte, treffen den arg gebeutelten Verband hart. "Die sportliche Situation hat natürlich auch Einfluss auf die finanzielle. Aufgrund des Misserfolgs übersteigen die Ausgaben regelmäßig die Einnahmen", musste Präsident Bernd Neuendorf erst kürzlich zugeben. Während Argentinien für den WM-Titel in Katar allein gut 40 Millionen Euro von der FIFA kassierte, gab es für Deutschland gerade mal 8 Millionen Euro. Schatzmeister Grundwald beziffert das strukturelle Defizit derzeit auf rund 19 Millionen und sagt: "Es sind Kosten entstanden, die vorher so nicht vorhanden waren."

Somit ist die Mannschaft von Hansi Flick noch mehr zum Erfolg verdammt als ohnehin schon. Bis zur Heim-Europameisterschaft, die in gut einem Jahr beginnt, hat der DFB jedenfalls genügend Baustellen auf allen Ebenen.

Sportbuzzer

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