USA überholen China, Deutschland rutscht ab, San Marino überrascht: Die Medaillenspiegel-Bilanz bei Olympia
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Die USA stehen im Medaillenspiegel von Tokio oben, Annika Schleu erlebte ein Reit-Drama im Modernen Fünfkampf und Jason Kenny schreibt Geschichte für Großbritannien.
© Quelle: IMAGO/AFLOSPORT/Xinhua/UPI Photo (Montage)
Die Olympischen Spiele von Tokio gehen an diesem Sonntag zu Ende. Am letzten Tag hat sich die USA noch an China vorbeigedrängt und Platz eins im Medaillenspiegel erobert. Aus deutscher Sicht gab es beim schlechtesten Olympia-Abschneiden seit der Wiedervereinigung wenig Grund zur Freude. Ein Zwergstaat sicherte sich die erste Medaille der Geschichte. Der SPORTBUZZER liefert einen Überblick.
USA überholt China am letzten Tag
Die USA sind zum dritten Mal in Serie die erfolgreichste Olympia-Nation bei Sommerspielen. Das amerikanische Team holte bis kurz vor Abschluss der Wettkämpfe von Tokio 39 Mal Gold, 41 Mal Silber und 33 Mal Bronze und war damit nicht mehr von Platz eins des Medaillenspiegels zu verdrängen. China als Gastgeber der kommenden Winterspiele 2022 in Peking nahm den zweiten Rang (38/32/18) vor Japan (27/14/17) ein. Japan, der Ausrichter der Spiele von Tokio, kam damit auf die deutlich beste Bilanz seiner Olympia-Geschichte.
Aufregung gab es zwischenzeitlich über die besondere Zählweise der USA. Während das IOC auf der offiziellen Homepage der Olympischen Spiele bis zum letzten Tag des sportlichen Großevents China im Medaillenspiegel als Nummer eins angab, erklärten US-Medien das eigene Land zum Führenden. Der Grund: Die USA pflegen, die Medaillen insgesamt zu zählen, das IOC entscheidet den Rang nach gewonnenen Gold-Medaillen. Erst bei Gold-Gleichstand werden Silber und Bronze mit in die Wertung genommen. Mit dem Abschluss am Sonntag dürfte sich die Aufregung über die vermeintlich falsche Zählweise der Amerikaner gelegt haben.
Schlechtes deutsches Abschneiden
Das deutsche Team schaffte es in Tokio zu zehnmal Gold, elfmal Silber und 16 Mal Bronze. Es ist die schlechteste Bilanz Deutschlands seit der Wiedervereinigung. In der Abrechnung sind es vier Medaillen weniger als beim bisher schlechtesten Abschneiden seit der Wiedervereinigung. Das war 2008 in Peking, wo Deutschland 41 Medaillen holte – halb so viele wie beim ersten gesamtdeutschen olympischen Auftritt 1992 in Barcelona.
Weil Frankreichs Handballfrauen sich am Sonntag gegen das Team des Russischen Olympischen Komitees (ROC) Gold sicherten, fiel Deutschland sogar noch auf Platz neun zurück. In gleich mehreren Disziplinen konnten deutsche Athleten ihre Leistung nicht wie gewohnt abrufen. Allen voran Speerwerfer Johannes Vetter, dessen Gold-Medaille nahezu sicher eingeplant wurde, sorgte für eine Enttäuschung auf ganzer Linie. Bundestrainer Boris Obergföll und Vetter beschwerten sich nach dem frühen Aus im Finale und Platz neun in der Gesamtwertung über den Bodenbelag: "Es ist bitter, bei Olympischen Spielen so einen Kindergartenbelag zu verlegen", schimpfte Obergföll. "So ist quasi dem weltbesten Speerwerfer die Chance auf olympisches Gold genommen worden."
Auf Rang neun reihten sich auch die deutschen Springreiter ein. Nach vier Medaillen in der Dressur und in der Vielseitigkeit hätte sich das Team deutlich mehr erhofft. Eine Medaille wäre vor dem letzten Ritt sogar noch drin gewesen, Daniel Deußer wurde auf Killer Queen nach einem Abwurf mit anschließender Verweigerung allerdings zur Aufgabe gezwungen. "Da ist eine Sache schief gelaufen, da hat es keinen Zweck weiterzureiten", erklärte Deußer anschließend.
Für weltweites Aufsehen sorgte Deutschland mit zwei Vorfällen, die mit sportlichem Wettkampf nicht viel zu tun hatten. Im Einzelzeitfahren hatte Sportdirektor Patrick Moster den Kölner Nikias Arndt an der Strecke mit den Worten "Hol' die Kameltreiber, hol' die Kameltreiber, komm" angefeuert, die vor ihm fahrenden Azzedine Lagab aus Algerien und Amanuel Ghebreigzabhier aus Eritrea noch einzuholen. Die Rufe waren vom Fernsehen eingefangen und live übertragen worden.
Im Modernen Fünfkampf sorgte ein Reit-Drama für lautstarke Forderungen nach Regeländerungen. Annika Schleu hatte für verstörende Bilder gesorgt, als sie aufgelöst und verzweifelt mehrfach die Gerte gegen das ihr zugeloste Pferd Saint Boy eingesetzt hatte. Bundestrainerin Kim Raisner hatte die Berlinerin - im Fernsehen deutlich hörbar - aufgefordert: "Hau mal richtig drauf! Hau drauf!" Schleu hatte bis zum Reiten auf Gold-Kurs gelegen, ehe dann das ihr zugeloste Pferd verweigerte. Der Weltverband schloss Raisner daraufhin von den Spielen mit der Begründung aus, die Trainerin habe das Pferd mit der Faust geschlagen. "Ich weiß, auch dieser Klaps auf den Hintern, der hätte nicht sein müssen, aber der war nicht doll", sagte Raisner dazu.
Starke Briten, schwache Argentinier: Was fiel sonst noch auf?
Mit 22 Gold-, 21 Silber- und 22 Bronze-Medaillen sicherten sich die Athleten aus Großbritannien Platz vier in der Gesamtwertung. Vor allem der Bahnrad-Fahrer Jason Kenny sorgte mit seinen starken Leistungen für Furore im Vereinigten Königreich. Am letzten Olympia-Tag feierte der Brite seinen siebten Olympiasieg und kürte sich zum erfolgreichsten britischen Olympioniken – er hat jetzt eine Goldmedaille mehr als Sir Chris Hoy.
Es gibt Nationen, bei denen man sich angesichts der Einwohnerstärke fast zwangsläufig fragt, wie die jeweilige Platzierung im Medaillenspiegel zustande kommen kann. Ein solches Beispiel lieferten bei den Spielen in Tokio San Marino (rund 33.000 Einwohner) und Argentinien (rund 45 Millionen Einwohner). Mit jeweils zwei Bronze- und einer Silber-Medaille liegen die beiden Länder auf dem geteilten Rang 72 der Gesamtwertung. Für San Marino ging die Schützin Alessandra Perilli in die Geschichtsbücher ein, als sie im Trap Bronze gewann und damit die erste Medaille überhaupt für San Marino bei Olympia. Seit 1960 tritt der Zwergstaat bei Sommerspielen an.
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